CDU-Politiker arbeiteten einen Tag in der Kita Regenbogenland
Babelsberg - Gestern nach der Arbeit war der Landtagsabgeordnete Sven Petke besonders müde. Der Potsdamer CDU-Politiker hatte sechs Stunden auf Kinder aufgepasst: von 9 bis 15 Uhr. So lange arbeiten sonst die zwölf Kindergärtnerinnen in der Kita Regenbogenland am Hubertusdamm. Petke und seine Fraktionskollegin Barbara Richstein haben sie einen Tag begleitet. Sven Petke hat mit den Kindern gefrühstückt, mit ihnen „Häschen in der Grube gesungen“, Osterhäschen gemalt, ihnen die Schuhe zugebunden und ihnen auf dem Spielplatz das Rollerfahren gezeigt.
Sechs Stunden, also nur Teilzeit arbeiten die Erzieherinnen der Kita, sagt Kitaleiterin Sabine Wilfer. „Außer mir ist keine voll angestellt“, erklärt sie. Zumindest offiziell. In Wirklichkeit arbeiteten sie zu Hause weiter – ohne Bezahlung. „Wir müssen ja beispielsweise die Morgenkreise vor- und nachbereiten“, erklärt die 47-Jährige. In den Morgenkreisen lernen die Kinder malen, singen und später auch die ersten Buchstaben und Zahlen. Während der regulären Arbeitszeit fehle für die Vorbereitung die Zeit.
Schlimmer sei aber, dass auch die Zeit für das einzelne Kind fehle, sagt Sabine Wilfer. Dabei wäre das wichtig, vor allem für die Kinder, die in der Entwicklung hinterher hingen. Zwölf Erzieherinnen für 106 Kinder unter sechs Jahre in ihrer Kita, das sei einfach zu wenig.
Darum hat die Kitachefin Sven Petke und Barbara Richstein eingeladen. Ihre Kita ist Mitglied der Kitainitiative Brandenburg, die Politiker aufgerufen hat, einen Tag in einer Kita zu arbeiten, um den Alltag dort kennen zu lernen. „Damit wir Politiker wissen, wovon wir reden“, erklärte Petke. Eine Ahnung hatte er schon vorher, worauf er sich einlässt, schließlich hat Petke selbst drei Kinder. Aber in der Kita Regenbogenland muss er sich gemeinsam mit Kindergärtnerin Britta Hausknecht gleich um 14 kümmern, alle höchstens drei Jahre alt.
Genau so sieht es der brandenburgische Betreuungsschlüssel vor, nach dem auch die Arbeitsplätze für Erzieher gefördert werden. Ein Erzieher soll auf sieben Kleinkinder aufpassen. Und sind die Kinder älter als drei Jahre, müssen sich 13 Kinder eine Erzieherin oder einen Erzieher teilen.
Was das bedeutet, wisse er nun, sagt Sven Petke, „Das ist anstrengend. 14 Kinder, die alle auf einmal meine Aufmerksamkeit wollen.“ Und er hat auch festgestellt, dass er die ihnen oft gar nicht geben konnte. „Es ist viel zu wenig Zeit, um auf alle Bedürfnisse eingehen zu können“, sagt Petke. Ein kleiner zweijähriger Junge ist ihm aufgefallen, der war zurückhaltener als andere Kinder. „Sein Wortschatz war viel kleiner“, sagt Petke. Petke hat den Vergleich, sein Sohn ist im gleichen Alter. Er hätte sich gern besonders um den Kleinen gekümmert, mehr mit ihm geredet. Stattdessen mussten er und Erzieherin Britta Hausknecht den ganz normalen Kitaalltag organisieren: „Den Tisch zum Mittag decken, die Kinder für den Mittagsschlaf ausziehen, manche windeln, wieder anziehen – die Stunden gehen dabei so schnell vorbei“, sagt Petke.
„Er war sehr fleißig“, resümiert Britta Hausknecht, als Petke bereits auf dem Heimweg im Auto sitzt. Für ihn ist jetzt klar, der brandenburgische Betreuungsschlüssel muss geändert werden. Dafür wolle er sich einsetzen.